Evaluierung Waffenrecht – BSSB übersendet Stellungnahme an BMI
Seit Anfang September läuft die Evaluierung des Waffenrechts. Das Bundesministerium des Innern (BMI) hatte bis zum 6. Oktober um Rückmeldung zu möglichen Themen gebeten und hierzu klare, formale Vorgaben gemacht. Entsprechend frist- wie formgerecht hat der Bayerische Sportschützenbund seinen Vorschlag für die Themen direkt beim Evaluierungs-Team des BMI eingereicht – unterlegt mit konkreten Änderungsvorschlägen. Der Eingang wurde seitens des BMI bereits bestätigt.
Wir haben – wie seitens des Bundesinnenministeriums formal vorgegeben – fünf Themenkomplexe für die Evaluierung benannt:
I. Waffenrechtliche Bedürfnisprüfung
II. Mindestalter & Ausnahmen vom Mindestalter
III. Waffenerwerb
IV. Waffenaufbewahrung
V. Verhältnismäßigkeit beim „Messerverbot“
Erbeten war auch eine Gewichtung der einzelnen Punkte: Hier haben wir auf die hohe Bedeutung aller aufgeführten Themen verwiesen, den Punkten „I. Waffenrechtliche Bedürfnisprüfung“ und „II. Mindestalter & Ausnahmen vom Mindestalter" aber mit Blick u.a. auf den praktischen Schießsportbetrieb vor Ort am Schießstand besondere Bedeutung zugemessen.
Um der formalen Vorgabe des Bundesinnenministeriums gerecht zu werden, möglichst spezifisch und präzise zu formulieren, haben wir die benannten, fünf Evaluierungsaspekte mit konkreten Evaluierungsgegenständen, aber auch gleich mit inhaltlichen Änderungsvorschlägen versehen. Teils haben wir dabei unsere Forderungen mit detaillierten Formulierungsvorschlägen zur Rechtsgrundlage ergänzt, also zur jeweiligen Passage im Waffengesetz (WaffG), in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) oder in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV).
Hier die einzelnen Forderungen:
I. Waffenrechtliche Bedürfnisprüfung
Änderung § 14 Abs. 4 WaffG & Streichung § 58 Abs. 21 WaffG:
Die Bescheinigung für das Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses (Besitz) soll weiterhin seitens des Vereins erfolgen!
Die ab 2026 vorgesehene Überwälzung dieser Aufgabe auf die Dachverbände kommt einem bürokratischen „Monster“ gleich, das eine lang bewährte, bürgernahe, effiziente und gut funktionierende Praxis über den Haufen schmeißt. Die Kompetenz für solche Bestätigungen liegt ganz klar beim Schießsportverein vor Ort: Er hat den direkten Zugriff auf die „Schießkladde", er kennt seine Mitglieder am besten.
Änderung § 14 Abs. 5 WaffG:
Bei den sogenannten Überkontingentwaffen muss hinsichtlich des Fortbestehens des waffenrechtlichen Bedürfnisses Rechtssicherheit und Klarheit geschaffen werden!
Hier muss ebenfalls § 14 Abs. 4 des Waffengesetzes zur Anwendung kommen, d.h. der Bedürfnisnachweis für Überkontingentwaffen ist für die Waffenart, d.h. Lang- bzw. Kurzwaffe, zu führen, nicht für jede einzelne Waffe. Die Überprüfung erfolgt dabei rückwirkend nach fünf bzw. zehn Jahren nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis. Und auch hier gilt die „Zehn-Jahres-Regel“: Zehn Jahre nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis genügt die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, der Mitglied in einem anerkannten Verband ist, als Nachweis für das Bedürfnis für den weiteren Besitz.
Dass für eine bundesweit einheitliche Regelung lediglich zwei Worte im § 14 Abs. 5 Waffengesetz geändert werden müssen, zeigt, wie mit wenig Aufwand viel erreicht werden kann: Die Streichung der Worte „und Besitz“ trägt an dieser Stelle zu einer Klarstellung und Harmonisierung des Rechts bei und stellt sowohl für Behörden als auch für die Verbände eine erhebliche verwaltungstechnische Entlastung dar.
Änderung § 14 Abs. 2 WaffG:
Bedürfnisnachweispflicht bei Fällen einfachen Waffenaustauschs streichen!
Derzeit ist auch bei einem einfachen Waffenaustausch ein neuer Bedürfnisnachweis notwendig, sogar wenn eine vorhandene Waffe nur durch eine neuere Waffe im gleichen Kaliber oder eine defekte Waffe durch eine Ersatzwaffe ausgetauscht werden soll. Hier ist aus unserer Sicht die Bedürfnisprüfung für die Ersatzwaffe entbehrlich, sofern die auszutauschende Waffe, für die das Bedürfnis bereits nachgewiesen wurde, ausgetragen wird. Ein Wegfall der Bedürfnisprüfung in diesem speziellen Fall wäre ein klarer Mehrgewinn für eine möglichst effiziente und bürgernahe Verwaltung – ohne irgendeinen Sicherheitsverlust. Mehr Differenzierung im benanntem Sinne erscheint uns an diesem Punkt möglich und nötig.
Änderung § 2 Abs. 2 WaffG:
Bedürfnisnachweispflicht bei der Eintragung von Wechselsystemen in ein größeres Kaliber bzw. wesentlicher Teile streichen!
Wechselsysteme beschränken die Waffenanzahl, sind aus Sicherheitsgründen also zielführend und gerade nicht durch eine gesonderte Bedürfnisnachweispflicht zu erschweren. Die Aptierung eines weiteren Kalibers zur Verwendung mit der Basiswaffe oder die Verwendung einer Waffe gleichen Kalibers für unterschiedliche sportliche Disziplinen ermöglicht Disziplinenvielfalt und dem Sportschützen Flexibilität bei Training und Wettkampf – ohne dabei die Waffenanzahl durch die ansonsten nötige Anschaffung mehrerer, disziplinengerechter Sportwaffen zu erhöhen: Denn auch eine Waffe mit mehreren Wechselsystemen bleibt lediglich eine Waffe.
II. Mindestalter & Ausnahmen vom Mindestalter
Änderung § 27 Abs. 3 WaffG:
Mindestalter von zwölf auf zehn Jahre herabsetzen!
Für eine effektive Förderung des schießsportlichen Nachwuchses ist eine frühere Heranführung an den Sport mit Druckluftwaffen wesentlich. Um hier – gerade im Vergleich und in Konkurrenz zu anderen Sportarten – effektiver vorgehen zu können, ist ein Herabsetzen des regulären Mindestalters für das Schießen auf Schießstätten durch Minderjährige mit Druckluftwaffen notwendig. Ein solches Herabsetzen des regulären Mindestalters für das Schießen mit Druckluftwaffen auf zehn Jahre ist für die Förderung des leistungssportlichen Nachwuchses im Schießsport, aber auch generell für die Nachwuchsarbeit der Schützenvereine von zentrale Bedeutung. Nur so kann die sportinteressierte Jugend rechtzeitig angesprochen und für den Schießsport gewonnen werden.
Änderung § 27 Abs. 4 WaffG:
Ausnahmen vom Mindestalter erleichtern und ärztliche Atteste lediglich bei konkreten Zweifeln nach persönlichem Eindruck hinzuziehen! Die Bescheinigung des Vereins muss ausreichen!
Für eine effektive Förderung des schießsportlichen Nachwuchses ist die Möglichkeit, Ausnahmen vom Mindestalter zu erhalten, wesentlich. Um in diesem Sinne eine bundesweite Vereinheitlichung des Verwaltungsvollzugs zu erreichen, ist eine gesetzlich klare Regelung notwendig, die die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für das Schießen auf Schießstätten durch Minderjährige erleichtert: Zukünftig soll die Bescheinigung des Vereins ausreichend sein. Das Hinzuziehen einer ärztlichen Bescheinigung zur geistigen und körperlichen Eignung kann dann nur erfolgen, wenn bei einem persönlichen Eindruck konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind, die Anlass zu Zweifeln an der geistigen und körperlichen Eignung geben.
Eine solche gesetzliche Erleichterung der Erteilung von Ausnahmen für das Schießen auf Schießstätten durch Minderjährige schafft gleichermaßen Rechtssicherheit für Behörden, Eltern und Vereine. Zudem entlastet sie Behörden wie Ärzte und fördert die für die schießsportliche Jugendarbeit der Vereine zentrale Möglichkeit, Ausnahmen von der Alterserfordernis zu erhalten.
Diesbezügliche, weitere Rechtsvorschriften wie in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz sollen entsprechend ebenfalls geändert werden.
III. Waffenerwerb
Änderung WaffG Anlage 2:
Ausnahmen zur Regelung von Dual-Use-Magazinen schaffen!
Die derzeitigen Regelungen von Dual-Use-Magazinen sind aus Sicht der Sicherheit ohne Nutzen. Die EU-Feuerwaffenrichtlinie, welche eine Begrenzung der Kapazität fordert, sieht die Möglichkeit von Ausnahmen zwar vor, doch blieb diese in Deutschland bislang ungenutzt.
Die nach EU-Recht bestehende Möglichkeit zur Einräumung von Ausnahmen muss im Sinne von Entbürokratisierung und Förderung des Schießsports endlich ergriffen und entsprechende Ausnahmen für Mitglieder einer schießsportlichen Vereinigung, Waffenhändler, Waffenhersteller und Sachverständige eingeräumt werden! Solche Ausnahmen entlasten zudem das BKA bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 40 WaffG für den Erwerb und Besitz von Magazinen.
Änderung § 14 Abs. 3 Punkt 3 WaffG:
Vereinfachung des Erwerbsstreckungsgebots!
Sowohl Zeitraum als auch Anzahl der Waffen bedürfen beim Erwerbsstreckungsgebot einer Anpassung: Wir fordern, dass in den ersten zwei Jahren max. vier Waffen erworben werden dürfen – ggf. auch auf einmal. Nach dieser Wohlverhaltensphase von zwei Jahren wird der Zeitraum auf ein Jahr gesenkt. Dabei werden sowohl der Waffenaustausch als auch der Erwerb von Wechselsystemen nicht auf die Erwerbsstreckung angerechnet.
Die vorgeschlagene Änderung geht in der Kombination mit der Möglichkeit des Waffentausches für Waffen, welche sich bereits auf der WBK befinden und für die ein Bedürfnis nachgewiesen ist, mit erheblichen, bürokratischen Vereinfachungen einher. Sie schafft mehr Flexibilität bei gleichzeitigem, vollumfänglichem Erhalt der Sicherheit.
Einführung einer digitalen WBK!
Die Einführung einer anwenderfreundlich auslesbaren, digitalen WBK mit Aufnahme der Angabe des Bedürfnisgrundes einer Waffe (Erbe, Altbestand, Sportschütze, Jäger, gewerblich) erleichtert deutlich die waffenrechtlichen Verfahren und schafft zusätzliche Möglichkeiten zur sicherheitsrelevanten Überprüfbarkeit etwa durch Vereine und Händler. Aktuell steht zur waffenrechtlichen Bedürfnisprüfung digital das Nationale Waffenregister (NWR) zur Verfügung. Auf dieses können folgende Personengruppen zugreifen: Waffenbehörden, Polizei, Waffenhändler und -hersteller – es fehlen die Vereine.
Auch die Abfragemöglichkeiten selbst sind zu erweitern: Denn Händler und Hersteller können Waffen im System erfassen und die Gültigkeit einer Erlaubnis (WBK) prüfen, nicht aber Waffenverbote oder die Gültigkeit eines einzelnen Voreintrags.
Insbesondere die Einsichtnahme in den Bedürfnisgrund einer Waffe kann den Schießsportvereinen die Prüfung der waffenrechtlichen Bedürfnisanträge stark erleichtern und das Ergebnis der Prüfung auf eine nochmals sicherere Basis stellen. Hier liegt Potential, die Sicherheit zu erhöhen.
IV. Waffenaufbewahrung
Änderung § 36 Abs. 1 WaffG:
Vorschrift zur Schlüsselaufbewahrung konkret und praxistauglich fassen: Das Behältnis für den Schlüssel muss nicht zwingend dem Sicherheitsstandard des Waffenschranks entsprechen!
Wir vertreten die in Bayern für den staatlichen Verwaltungsvollzug geltende Rechtsauffassung, wonach das Behältnis für den Schlüssel nicht zwingend dem Sicherheitsstandard des Waffenschranks entsprechen muss. Aus unserer Sicht ist eine gesetzlich klare Regelung in diesem Sinne und damit eine bundesweite Vereinheitlichung des diesbezüglichen Verwaltungsvollzugs zu Gunsten der legalen Waffenbesitzer notwendig.
Denn: Die Deutung, wonach das Behältnis für den Schlüssel zwingend dem Sicherheitsstandard des Waffenschranks entsprechen muss, läuft letztlich auf ein Verbot von mit Schlüsseln zu verschließenden Waffen- und Munitionsschränken hinaus – eine Einschätzung, die sich etwa auch im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen in Lüneburg vom Mai 2024 wiederfindet. Ein solches Verbot führt bei den die Waffenaufbewahrung kontrollierenden Behörden zu einem hohen und völlig unverhältnismäßigen Verwaltungsmehraufwand und bei den Waffenschrankbesitzern zu einer ebenso unverhältnismäßigen, finanziellen Belastung für Umrüstung der bereits vorhandenen bzw. Erwerb neuer Behältnisse.
Änderung § 13 Abs. 4 AWaffV:
Waffenaufbewahrung durch den Schützenverein erleichtern und die Lagerung von bis zu zehn Lang- und bis zu drei Kurzwaffen in Schützenhäusern ermöglichen – ohne dabei einen Antrag bei der Behörde stellen zu müssen!
Derzeit sind lediglich drei Langwaffen im „Klasse 1 Tresor“ (mindestens Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad I) zulässig. Diese Obergrenze ist für den praktischen Schießbetrieb der Schützenvereine oftmals zu gering bemessen. In Folge fallen gehäuft entsprechende Ausnahmeanträge an, die sowohl das Ehrenamt im Schützenverein als auch die zuständigen Behörden in unnötiger Weise belasten. Eine praxisorientierte Anpassung der regulären Obergrenze an den tatsächlichen, weithin üblichen Schießsportbetrieb senkt – ohne Einbußen bei der Sicherheit – den bürokratischen Aufwand und fördert das schießsportliche Training.
V. Verhältnismäßigkeit beim „Messerverbot"
Keine Unzuverlässigkeit wegen Lappalien-Verstößen!
Das Verbot des Führens von Messern nach § 42 WaffG darf im behördlichen Verwaltungsvollzug nicht zu Fällen waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit lediglich auf Grund von Lappalien-Verstößen gegen die Regelung führen. Zielführend ist eine diesbezügliche, bundesweit einheitliche Klarstellung, die die zuständigen Behörden sensibilisiert. Dies entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wie dem Sinn und Zweck des Gesetzes.
Die an das BMI übersandte Stellungnahme des BSSB finden Sie hier:
„BSSB-Position Stand September 2025 zum Thema Waffenrecht/Themen für Evaluierung"
Die hier aufgelisteten Forderungen des BSSB sind in Kombination mit der Stellungnahme des Deutschen Schützenbunds zu sehen: Diese kann über die entsprechende Internetveröffentlichung des Deutschen Schützenbunds eingesehen werden. Wir freuen uns sehr, dass unsere Überlegungen teils wörtlich aufgegriffen wurden.
Das Bundesinnenministerium teilt mit, dass nun die eingegangenen Stellungnahmen ausgewertet werden. Danach wird die Evaluierung entsprechend erarbeitet.